Eine Techno-Version von „Born to be Wild" fetzt aus den Boxen, auf der Bühne tanzt eine Gruppe durchtrainierter junger Frauen in hautengen Anzügen. Das Hüftwackeln ist vollendet synchron, und als sie aus dem Stand in den Handstand und von dort in den Liegestütz gehen - allerdings ohne, dass die Füße den Boden berühren - bricht der Applaus los.
Mal sitzen die Tänzerinnen breitbeinig auf dem Boden und tun so, als säßen sie auf einer Harley, dann stehen sie in einer Reihe und lassen sich eine nach der anderen geschmeidig zu Boden fallen, um kurze Zeit später zackig weiter zu tanzen.
Auf den kunstvoll geschminkten Gesichtern ist keine Anstrengung zu erkennen, professionell strahlen die Sportlerinnen ins Publikum. „Vier Minuten durchzustehen, ist schon hart. Da gibt keiner anschließend eine Zugabe", sagt Michael Kaul vom Tanzsportclub Ysenburg.
Wer Garde- und Schautanz als Sport betreibt, bringt körperliche Höchstleistungen. Gefragt sind Kondition, Koordination und Rhythmusgefühl. „Spagat ist Pflicht", so Kaul. Es empfiehlt sich, möglichst früh einzusteigen. In der Purzelgruppe werden die Allerkleinsten ans Tanzen herangeführt. Mindestalter ist drei Jahre. Vom fünften Lebensjahr an wird richtig getanzt. Mit etwa Mitte 20 beenden viele Sportlerinnen ihre Wettbewerbskarriere, so Kaul, „viele werden dann hoffentlich gute Trainerinnen oder Preisrichterinnen."
Die 23-jährige Kim Schreibweis kam vor zehn Jahren zum Schautanz beim TSC, weil ihr beim Leistungsturnen der Trainingsaufwand zu groß geworden war. Statt fünfmal trainiert sie nun zweimal pro Woche - plus Trainingscamps und Turniervorbereitung. Ihre Vereinskollegin Hanna Maschke hatte die TSC-Tänzerinnen früher oft im Fernsehen bewundert und kam über Bekannte zum Verein. „Weil ich jahrelang Sport gemacht habe, brauche ich das einfach, sonst werde ich nervös", sagt Kim. „Auch wenn man nach dem Training manchmal blaue Knie hat, das gehört dazu", fügt Hanna hinzu. Auch das Gemeinschaftsgefühl spielt eine Rolle, sagt Kim: „Wir kennen uns alle mindestens seit zehn Jahren. Schautanz ist einfach ein toller Ausgleich zum Alltag."
Die Sportarten Garde- und Schautanz sind aus der Karnevalstradition hervorgegangen, doch die sportlichen Anforderungen bei den Wettkämpfen sind deutlich höher als das, was das Publikum bei den Fastnachtssitzungen sehen möchte, erklärt Kaul. „Für Auftritte bei Sitzungen, beispielsweise bei den Kümmlern, haben wir speziell auf Wünsche des Publikums zugeschnittene Tänze."
"DER WETTBEWERB"
Tänzerinnen und auch einige Tänzer aus 65 Vereinen waren am vergangenen Wochenende zu Gast beim Turnier des TSC Ysenburg in der Hugenottenhalle.
Etwa 190 Tänze wurden in den verschiedenen Disziplinen getanzt - also beim Gardetanz und dem Schautanz mit ihren jeweiligen Unterdisziplinen.
Infos: www.tsc-ysenburg.de